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Impulse #4

In Sachen Marketing-Technologie dürfte 2023 eines der turbulentesten der letzten Jahre gewesen sein. Beginnend mit dem Launch von ChatGPT im November 2022 überflutete eine Welle an Tools den Markt, die versprechen, dass die Art und Weise wie Content erstellt wird, bald nicht mehr wiedererkennbar sein wird und durch generative Künstliche Intelligenz (Gen-AI) in ein neues Zeitalter katapultiert wird. Generative Künstliche Intelligenz (Gen-AI) ist in aller Munde und die Technologie birgt neue Möglichkeiten und Versprechungen. Aber was heißt das jetzt konkret? Diese Frage stellen sich aktuell wohl alle in Vertrieb und Marketing, die mit Content-Produktion zu tun haben, sei es auf Unternehmens- oder Agenturseite.

Getrieben von den Chancen und Möglichkeiten, gebremst durch zahlreiche rechtliche Fragestellungen und fehlende Orientierung im Kosmos der KI-Tools, steht die Frage im Raum, wie man sich dem Thema pragmatisch nähern kann, wie man aus den Hype- Tools produktive Werkzeuge macht.

Es geht um die „low-hanging fruits“

Die Lösung liegt in der Fokussierung auf wenige naheliegende Usecases, an denen und mit denen man wachsen kann. Derzeit liegen diese Quick Wins vor allem im Bereich Text, also in der Erstellung und Modifikation von Texten durch die Nutzung sogenannter LLMs (Large Language Models/große Sprachmodelle), wie zum Beispiel GPT.

Mögliche Ansätze für die Nutzung von Gen-AI

Die folgenden Anwendungen sind Beispiele, die verhältnismäßig leicht umsetzbar sind und schnell Wirkung zeigen:

  • Textvarianten für Online-Marktplätze: Um bei der Ausstattung von Online-Verkaufsportalen mit Marken- oder Produkttexten SEO-schädlichen Duplicate Content zu vermeiden, werden auf Basis eines geprüften und freigegebenen Ausgangstextes automatisch Textvarianten erstellt, die formal und inhaltlich dem Ursprungstext entsprechen, sprachlich aber anders aufgebaut sind.
  • Anpassung von Basistexten für bestimmte Formate: Jeder Online-Store, insbesondere Amazon, hat seine eigenen Anforderungen an den Aufbau von Texten in Bezug auf Länge, Formulierung und Varianten. Mit entsprechend formulierten Prompts können diese Varianten auf Basis eines Ausgangstextes schnell und einfach generiert werden. [Ein Prompt ist die Anweisung, mit dem Bedienende mit der KI interagieren, die Befehlszeilen, die einem KI-System mitgegeben werden, um eine spezifische Antwort oder Aktion
    auszulösen.]
  • Schnelle Vorab-Prüfung von Texten: Keine KI ersetzt im Moment eine Textfreigabe durch Experten. Aber eine erste Prüfung von neu erstellten Texten mit Hilfe des KI-Wissens über regulatorische oder ähnliche Anforderungen an Aussagen liefert schnelle und belastbare Hinweise darauf, was vor einer finalen Prüfung durch Experten verbessert oder ergänzt werden sollte.
  • Nutzung von Kommunikations Frameworks: LLMs kennen Frameworks wie USP, Value Proposition Canvas und Persuasive Selling. Setzt man im Marketing oder im Vertrieb auf eines dieser Strukturmodelle, hilft die KI dabei, jeglichen Ausgangstext in diese Formate zu transferieren und für einen einheitlichen Aufbau von Inhalten zu sorgen.
  • Erstellung von zielgruppenspezifischen Texten: Auf Basis guter Zielgruppen- oder Persona-Definitionen lassen sich Argumentationsketten in Sekundenschnelle auf die spezifischen Bedürfnisse verschiedener Zielgruppen anpassen. Die KI analysiert die einzelnen Argumente des Ausgangsmaterials und ist in der Lage, daraus Texte zu generieren, die exakt auf die jeweiligen
    Zielgruppen zugeschnitten sind.
  • Unterstützung der Vertriebsprozesse: Mit dem geeigneten KI-Prompt entsteht aus einem guten Briefing schnell eine starke Argumentation für Vertriebsprozesse. Selbst prototypische Verkaufsdialoge mit möglichen Einwänden der Zielgruppen und Lösungen, damit umzugehen, sind mit Gen-AI schnell und auf hohem Niveau erstellt.

Diese Liste stellt nur einen Ausschnitt der vielfältigen Möglichkeiten dar und eigt, dass es gerade diese vermeintlich kleinen und verhältnismäßig einfach zu realisierenden Usecases sind, die den Umstieg vom Testen zum Nutzen erleichtern.

Vom Erstellen zum Kuratieren

Wenn es um das Erstellen von Inhalten geht, gilt die 80-Prozent-Regel: in den wenigsten Fällen ist das Endergebnis der KI das finale Ergebnis. Wenn das LLM das Texten übernimmt, kommt uns „KI-Bedienern“ mehr denn je die Aufgabe der Qualitätssicherung zu. Seien es sprachliche Feinheiten, regulatorische Aspekte oder formale Details: die letzten 20 Prozent müssen wir – noch – selbst gehen. Ein ebenso wichtiger Aspekt, wie die qualitative Prüfung des Outputs, ist die Optimierung des Inputs. Auch bei LLMs gilt die Regel: „Garbage-In / Garbage-Out“. Eine KI macht aus einem schlechten Briefing kein perfektes Ergebnis. Gutes, vor allem vollständiges Ausgangsmaterial wie zum Beispiel Basistexte oder Argumentationslisten sind elementar für die Qualität der KI-generierten Texte.

Last but not least: Eine grundsätzliche Prompt-Kompetenz ist selbst bei diesen recht einfachen Usecases zwingend erforderlich und entscheidet darüber, ob die Ergebnisse ernüchternd oder wirklich brauchbar sind. Die Erfahrung zeigt, dass genau diese Hürde entscheidend für die Akzeptanz ist. Ohne Prompting-Kompetenz kommt es oft und schnell zu dem Effekt, dass der KI-Output als wenig hilfreich erachtet wird, die weitere Nutzung ausbleibt und zukünftige Qualitäts- und Produktivitätsvorteile ungenutzt bleiben.

Effekte vom konsequenten Einsatz von Gen AI

Wenn man diese Voraussetzungen erfüllt und gute, oft wiederkehrende Anwendungen nach dem Vorbild der oben aufgeführten identifiziert hat, stellen sich dann auch schnell die Effekte ein, die man sich durch den Einsatz von Gen-AI unter anderem erhofft:

  • Effizienzsteigerung: Der Einsatz von Gen-AI beschleunigt den Content-Erstellungsprozess deutlich und schafft so mehr Raum für strategische und konzeptionelle Aufgaben.
  • Kostenreduktion: Durch die Automatisierung von Routineaufgaben sinken die Produktionskosten spürbar.
  • Wirkungsverbesserung: Die zielgerichtete Verwendung von Gen-AI sorgt dafür, dass Content Zielgruppenspezifischer und qualitativ konsistenter wird und erhöht somit die Wirkung am Markt.
  • Impulsquelle: LLMs können neue Impulse für Argumentationsketten oder Content-Strukturen geben und so zum wichtigen Sparringspartner werden.

Pragmatismus bringt Ergebnisse

Die erfolgreiche Einführung KI-gestützter Prozesse erfordert ein schrittweises Vorgehen. Der Fokus liegt zu Beginn auf der Identifikation weniger, naheliegender und einfacher Usecases, die gründlich analysiert und dann mit geeigneten Tools teilautomatisiert werden. Durch diese niederschwellige Vorgehensweise bewegen wir uns Schritt für Schritt in die neue Welt der Content-Produktion und fördern so die Lernkurve bei Mitarbeitenden für die wirkungsvolle Nutzung der Möglichkeiten der generativen künstlichen Intelligenz. Denn letztlich entfaltet sich die wirkliche Stärke generativer KI erst durch das Knowhow und die kreative Anwendung der Menschen, die sie einsetzen.